Gastautorin: Svea Bode
Die Zeit formt in regelmäßigen Abschnitten neue Generationen. Jede Generation hat ein unverwechselbares Profil, welches bestimmt wird durch den Wertewandel der Gesellschaft, Politik, technologische Fortschritte, Wirtschaft, das Elternhaus usw. Jede Generation durchlebt die gleichen Stufen eines Generationszyklus, jedoch geht jede Generation anders mit den aktuellen Einflüssen um. Daraus entstehen neue Anforderungen und Bedürfnisse. Für Unternehmen bedeutet das, die generativen Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, um die Vorteile einer neuen Generation aktiv für sich zu nutzen, um im „War of Talent“, mithalten zu können. Die vorhandenen Human-Resources entscheiden zukünftig umso mehr über den Erfolg eines Unternehmens. Veraltete Führungsstrategien und Instrumente zur Personalentwicklung müssen daher verabschiedet werden, um die Köpfe frei für neue Handlungsmöglichkeiten zu machen. Die Devise muss lauten: „Bedürfnisorientiert agieren statt gewohnten Handlungsfeldern folgen“. Werden die geforderten Arbeitsbedingungen erfüllt, bringt die neue Generation Y einige Vorteile mit sich, die Unternehmen zukünftig einen erheblichen Mehrwert bieten können.
Sage mir, wann Du geboren bist und ich sage Dir, wie du tickst
unbekannt
So einfach, wie in dem Zitat ausgedrückt, ist es natürlich nicht. Dennoch, der Begriff „Generation“ beschreibt eine Gruppe von Personen, die in einer bestimmten Zeitspanne geboren sind und die dieselben historischen und kulturellen Ereignisse teilen. Von der Kindheit über die Jugend bis hin zum Erwachsenenalter verlaufen die Lebensabschnitte einer Generation oftmals sehr ähnlich. Bestimmte Eigenschaften und Einstellungen lassen sich innerhalb der Generationen pauschalisieren, da die Lebenssituation, die kulturellen Rahmenbedingungen und der historische Kontext Menschen prägen und beeinflussen. In der soziologischen Betrachtung lassen sich so bestimmte Stereotype für einzelne Generationen beschreiben, insbesondere, was Werte und Ziele betrifft. Die genauen Zeitabschnitte der verschiedenen Generationen sind nicht immer exakt festzulegen. Sie gehen fließend ineinander über und lassen bei der Eingrenzung einen gewissen Interpretationsspielraum zu.
Die älteste Generation, die noch auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt aktiv ist, ist die sogenannte 68er Generation. Sie umfasst Menschen, die in dem Zeitraum zwischen 1935 und 1950 geboren sind. Die darauffolgende Generation ist die der Babyboomer. Sie steht für die Elterngeneration der Generation Y und wurde im Zeitraum 1950 bis 1965 geboren. Daran schließt sich dann die Generation X an. Die Generation Y umfasst die Alterskohorte der heute 20- bis Mitte-30-Jährigen. Die unter 20-Jährigen gehören zu der aktuell jüngsten Generation, der Generation Z.
Welche Vorteile haben Arbeitgeber von der neuen Generation?
Unternehmen müssen auch zukünftig ihre Arbeitgeberattraktivität aufrechterhalten. Mitarbeiter die gerne für ein Unternehmen arbeiten und sich mit diesem identifizieren können, steigern auch die Wirtschaftlichkeit. Zufriedene Mitarbeiter sind mehr denn je gefragt, da die neue Generation viel Wert darauflegt, dass ihre Work-Life-Balance – oder besser gesagt – die „lebensphasenorientierte Führung“ am Arbeitsplatz erfüllt wird. Für heutige Unternehmen ist es daher ein großer Vorteil, dass die aktuelle Generation sehr transparent mit ihren Bedürfnissen und Werten umgeht und den direkten und persönlichen Austausch nicht scheut. Für das Personalmanagement gilt es, diese Offenheit für den Unternehmenserfolg zu nutzen, indem auf die von den Arbeitnehmern kommunizierten Bedürfnisse eingegangen wird.
Welche Aspekte kennzeichnen denn jetzt diese „Ypsiloner“?
Digitalisierung
Die „Ypsiloner“ sind die Nachfolger der Baby Boomer-Generation und der Generation X. Sie werden auch die digitalen Natives genannt. Sie sind mit den neuen Medien aufgewachsen, kennen sich daher bestens damit aus und wollen auf mobile Kommunikation nicht mehr verzichten. Sie werden in einer Konsumgesellschaft groß, die von unendlichen Produktangeboten und enorm gestiegenen Freizeitangeboten geprägt ist.
Hoher Bildungstand
Auch bei der Entscheidung der Berufs- und Ausbildungswahl gibt es viele Möglichkeiten. Heutzutage ist für viele ein abgeschlossenes Bachelorstudium ein Muss. Besser noch ist aber ein Masterabschluss. Bestenfalls integriert das Studium einen Auslandsaufenthalt um Fremdsprachenkenntnisse zu erweitern und Lebenserfahrung zu gewinnen. Für Unternehmen bedeutet das, es tritt eine Generation an den Arbeitsmarkt, die bestens ausgebildet sein möchte, um mit der Konkurrenz am Arbeitsmarkt mithalten zu können.
Weltoffenheit
Auch gilt für die Generation Y, dass sie als sehr weltoffen bezeichnet wird und über den „Tellerrand“ hinausschau-en möchte. Dieses globalisierte Denken und Handeln ermöglicht Unternehmen, die junge Generation nicht nur national- sondern auch international einzusetzen. Die Ypsiloner scheuen den internationalen Austausch nicht und begrüßen Jobangebote außerhalb ihres Heimatlandes. Aus der weltoffenen und toleranten Haltung der jungen Generation resultiert auch, dass sie neuen Projekten unvoreingenommen entgegensehen, mit Diversität gut umgehen können und gerne in Teams agieren.
Gemeinschaftsorientierung
Hinzu kommt, dass durch die Internationalisierung und Digitalisierung soziale Kontakte noch mehr Bedeutung dazu gewinnen. Menschen können heutzutage dank der neuen Kommunikationsinstrumente und Social-Media-Kanäle schnell und einfach Freundschaften und Kontakte länderübergreifend pflegen und nutzen. Auch die Beziehungen zu Arbeitskollegen und Vorgesetzten werden oftmals über das Arbeitsverhältnis hinaus gepflegt. Die Hierarchien „weichen“ daher in dem Sinne auf, dass auch am Arbeitsplatz der persönliche und private Austausch intensiver besteht − und das auch über die eigene Hierarchieebene hinaus. Was aber keinesfalls bedeutet, dass Hierarchien für die neue Generation weniger wichtig sind. Den Mitarbeitern sollten in Unternehmen heutzutage Möglichkeiten geboten werden, jederzeit ihre Gemeinschaftsorientierung auszuleben. Außerdem sollte das „Denken in Netzwerken“, welches die digitalen Natives aufweisen, unterstützt werden. Die daraus resultierenden Beziehungen können für das Unternehmen in Bezug auf nationale und internationale Kontakte, erweiterte Netzwerke und die Vermarktung ebenfalls einen Mehrwert bringen.
Umgang mit Krisen
Aktuelle politische- und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Terror, Arbeitslosigkeit, Finanzkrisen und andere Umwelteinflüsse verunsichern die Menschen zunehmend. Es ist nicht einfach, in diesem Umfeld die beste Alternative für sich zu finden. Die Ypsiloner sind allerdings unter den genannten Bedingungen aufgewachsen und sind daher den Umgang mit Unsicherheit und Krisen gewohnt. Sie mussten früh lernen, sich schnell einen Überblick über neue Kontexte zu schaffen und mit Veränderungen umzugehen, um stets die besten Möglichkeiten und Alternativen für sich zu finden. Dennoch oder gerade deshalb legt die Generation Y viel Wert auf emotionale Zufriedenheit und Freiraum für ihr Privatleben. Der Arbeitsplatz soll sinnstiftend sein, keine Zeit verschwenden oder Freizeit beanspruchen. Arbeiten bedeutet auch qualitative Lebenszeit. Job und Privates gilt es zu vereinen. Work-LifeBalance ist ein bedeutsamer Motivationsfaktor gerade für diese Generation.
Individualität
Die zuvor angesprochene lebensphasenorientierte Führung ist ebenfalls ein Bedürfnis der neuen Generation. Mitarbeiter wollen flexibel geführt werden, also ihrer aktuellen Situation angepasst. Ein einheitlicher und routinierter Führungsstil genügt heutzutage nicht mehr. Als geeignete Führung fällt daher immer wieder der Begriff des transformationalen Führungsstils. Dieser ist ein Ansatz, der die Schnittstelle zwischen Kontinuität und Flexibilität im Zeitalter des demographischen Wandels abdeckt. Soziale Anerkennung und Selbstverwirklichung sind bei dieser Art von Führung fundamental. Mitarbeiter werden individuell nach ihren Bedürfnissen geführt. Verhaltens- und Führungsweisen werden situativ eingesetzt und Freiheiten und Handlungsspielraum für Mitarbeiter eingeräumt ohne Gefahr zu laufen, dass Kompetenzen überschritten werden oder dass Mitarbeiter in undiszipliniertes Verhalten verfallen. Im Gegenteil: wird den jungen Mitarbeitern das verdiente Vertrauen entgegengebracht, sind sie bereit ihren Fähigkeiten stets auszubauen, sich weiterzubilden und effektiv und flexibel für das Unternehmen zu arbeiten.
Arbeit ist Lebenszeit
Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld, um als Unternehmen im „War of Talent“ mithalten zu können, ist es, bestimmte Work-Life-Balance-Aspekte auszubauen. Seien es variable Arbeitszeiten in Form von Teilzeitarbeit und Gleitzeiten, Freistellungsjahre/-monate (Sabbaticals), flexible Arbeitsplatzgestaltung, Homeoffice oder Jobsharing. Mitglieder der Generation Y sind mit der Möglichkeit aufgewachsen, überall und jederzeit erreichbar zu sein. Die neuen Technologien machen es möglich. Dies hat zur Folge, dass die Menschen heutzutage am Arbeitsplatz auch für ihr Privatleben erreichbar sein wollen. Im Gegenzug sind sie aber auch bereit über die Arbeitszeit hinaus in ihrer Freizeit berufliche Angelegenheiten per Email oder Telefon zu klären. Sie sind in der Lage sich schnell an neue Umgebungen und Lebensumstände zu adaptieren, weshalb sie auch als kreativ und facettenreich gelten. Und genau diese verschiedenen Facetten wünschen sie auch im Arbeitsleben erfüllen zu können.
Work-Life-Balance zielt also nicht nur darauf ab Freizeit und Privatleben gleichermaßen auszuleben. Vielmehr ist es eine Frage der gesamten Arbeitsgestaltung.
Ypsiloner leben nicht mehr um zu arbeiten oder arbeiten um zu leben, viel mehr ist der Arbeitsplatz Teil des sozialen und privaten Lebensraumes. Dies bedeutet für das Personalmanagement, dass innerhalb des Arbeitsverhältnisses auch Faktoren, die das außerbetriebliche Leben betreffen, von hoher Bedeutung sind und in den Arbeitsalltag integriert werden müssen (Gesundheitsförderung und Erhaltung, Sportangebote, Kinderbetreuung, Eltern-KindArbeitsplätz oder Entspannungsangebote/Rückzugsorte).
Das nachfolgend abgebildete Portfolio der Boston Consulting Group (BCG) 2015 belegt, dass bestimmte Arbeitsbedingungen zukünftig an Priorität gewinnen und zu einer höheren Arbeitgeberattraktivität in Unternehmen führen.
Das Portfolio basiert auf einer Umfrage von 1.355 Führungskräften aus 27 verschiedenen Ländern und zeigt auf, welche Management-Faktoren in Unternehmen von hoher Relevanz sind. Die besonders wichtigen Faktoren sind mit einem roten Feld hinterlegt. Eine eher geringere Bedeutung haben Faktoren, welche grün hinterlegt sind und die gelbe Fläche kennzeichnet Faktoren, die eine mittelmäßige Relevanz in Unternehmen aufweisen. Die Größe der dunkelgrünen Kreise unterscheidet innerhalb der Farbpalette nochmals zwischen hoher und niedriger Bedeutung der jeweiligen Management Faktoren. Auf der X-Achse ist eingetragen, in welcher Intensität die Faktoren aktuell (zum Zeitpunkt der Umfrage) im Unternehmen umgesetzt sind (current capability). Die Y-Achse spiegelt das zukünftige Wachstumspotenzial der Bedeutung dieser Faktoren wieder (future importance).
Aus dem Portfolio lässt sich ablesen, dass das Personalmanagement zukünftig verändert werden muss, um der neuen Generation gerecht zu werden und gleichzeitig den maximalen Nutzen für das Unternehmen zu erlangen. Die im Portfolio dargestellten wichtigen Handlungsfelder sind unter anderen die gezielte Gewinnung von neuen qualifizierten Mitarbeitern, das interne Personalmarketing zur Mitarbeiterbindung (managing talent), ein ausgewogenes Zusammenspiel von Arbeit und Privatleben (Work-Life-Balance) und die Rücksichtnahme auf den demo-graphischen Wandel (managing demographics). Aber auch die zuvor genannten Kriterien finden sich in dem Portfolio: Verbesserung und Anpassung der Führung (improving leadership developement), Weiterbildungsmaß-nahmen und Mitarbeiterförderung zur Vorbeugung von Unterforderung und Monotonie (becoming a learning organization), die Steigerung der Mitarbeitermotivation und der Arbeitseffizienz (improving performance management and rewards) und globalisiertes Handeln und Denken (managing globalization).
Fazit
Jede Generation wächst unter anderen Bedingungen auf. Somit sind Veränderungen im Personalmanagement von Unternehmen fundamental. Diese Umbrüche und Veränderungen werden besonders an der Generation Y deutlich. Haben Führungskräfte das passende Personalmanagement für die neue Generation entwickelt und angepasst, können hochqualifizierte Mitglieder der Generation Y gewonnen werden und zum Unternehmenserfolg beitragen. Abgesehen von der neuen Generation sollte jedem Unternehmen bewusst sein, dass eine hohe Mitarbeiterfluktuation viel mehr Aufwand und Kosten bedeuten, als ein funktionierendes Mitarbeiterbindungspro-gramm. Die permanente Verbesserung und Anpassung des Personalmanagements ist aus Unternehmersicht einfacher und kostengünstiger. Es ist sicherlich schwieriger, unzufriedene Mitarbeiter von einer inneren Kündigung abzubringen und neu zu motivieren, als vorbeugend auf die individuellen Bedürfnisse jedes Mitarbeiters einzugehen und somit eine gleichermaßen zufriedene Arbeitshaltung zu schaffen. Hinzu kommt, dass zusätzlich hohe Kosten bei aufwändigen Bewerbungsverfahren für neue Mitarbeiter entstehen. Die Effizienz und Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens werden durch die Einarbeitungszeit bei häufigem Personalwechsel reduziert. Ein bereits bestehendes Kollegium an sich zu binden, ist daher wichtig. Auch wenn sich dies in Bezug auf die Generation Y anders und individueller gestaltet, als noch in den Jahren zuvor, in denen ein einheitliches und kontinuierliches Personalmanagement ausreichend war. Das Personalmanagement wird in vielen Unternehmen unterschätzt. Dabei ist es einer der wichtigsten Faktoren zur wirtschaftlichen Zielerreichung und um den gewünschten Unternehmenserfolg zu garantieren. Erfolgreiche Personalarbeit zur Arbeitgeberattraktivitätssteigerung deckt die gesamte Wertschöpfungskette von der Positionierung über die Gewinnung bis zur Bindung ab. Die Arbeitswelt ist jetzt dazu aufgefordert, eine WIN-WIN Situation herzustellen, in dem sowohl die Wege der jungen Generation verstanden und berücksichtigt werden, als auch den Interessenslagen des Unternehmens gerecht zu werden. Nur so kann ein Unternehmen erfolgreich handeln.