Angstbotschaften – in Krisen auf die Wortwahl achten

Krisen sind unvermeidbarer Bestandteil unseres Lebens. Der Begriff „Krise“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „schwierige Lage“. Krisen kann es in jedem Zusammenhang geben, von der Liebesbeziehung bis hin zur Wirtschaft.

Allein der „normale“ Lebensverlauf bringt Veränderungen mit sich, die Krisen auslösen können. Man denke zum Beispiel an die Pubertät, Auszug aus dem Elternhaus, erster Job, scheiternde Beziehungen, Geburt von Kindern, Kinder verlassen das Elternhaus oder Austritt aus dem Berufsleben. Eine Realität unseres Daseins ist es, dass wir mit diesen „Unsicherheiten“ leben müssen. Krisen sind – kurz gesagt – der akute Verlust des seelischen Gleichgewichts durch die Konfrontation mit Ereignissen und Lebensumständen, die im Moment nicht bewältigt werden können. Die Auslöser sind vielfältig: Entweder werden wir schockartig mit Ereignissen konfrontiert, die unsere bisherigen Bewältigungsfertigkeiten überfordern, dies können zum Beispiel Naturkatastrophen, persönliche Verluste oder Krankheiten sein. Oder wir werden mit gravierenden Lebensveränderungen konfrontiert, die zwar schleichend beginnen, aber letztendlich unser bisheriges Leben stark „auf den Kopf stellen“, wie zum Beispiel die Coronakrise.

Psychologisch gesehen sind Krisen akuter Stress, der mit einem Gefühl von Kontrollverlust, Überforderung, Spannung und Bedrohung einhergeht. In akuten Krisen verengt sich unsere Wahrnehmung und das Denken und Fühlen ist „gestört“ (kreiselndes, zerstreutes Denken, nicht zu Ende gebrachtes Denken, intensive negative Gefühle oder auch emotionale Taubheit). Die bisherigen Bewältigungsmöglichkeiten, die wir in früheren Erfahrungen gesammelt und gespeichert haben, reichen nicht mehr. Wir sind völlig überfordert.

Krisen bzw. dieser akute Stress können zeitlich nur begrenzt ausgehalten werden und drängen daher auf Veränderung und Lösung. Genau deswegen bergen Krisen sowohl Gefahr als auch Chance in sich.

Physiologisch wird der Körper auf „Notalarm“ geschaltet. Ein ganzer Cocktail von Stresshormonen stellt uns ein hohes Energiepotential zur Verfügung. Alle Sensoren und Handlungsmöglichkeiten sind scharf gestellt. Menschen in Krisensituationen sind hochgradig sensibel, wachsam und achten auf jede Kleinigkeit, um ja keine Hinweise zu verpassen, was zur weiteren Einschätzung bzw. möglichen Bewältigung der bedrohlichen Lage wichtig wäre. Sie achten sozusagen auf jedes Wort.

Umso wichtiger ist es in Krisensituationen auf die Wortwahl zu achten. Hier liegt tatsächlich jedes Wort auf der Goldwaage. Es hilft wenig, Ängste durch hoch bedrohliche Worte noch weiter auf die Spitze zu treiben. Wenn ich von einer „tödlichen Gefahr“ oder „Horrorzuständen“ rede, kommt dies beim Empfänger deutlich anders an, als wenn ich von einer „besonderen Herausforderung“ spreche, „die wir meistern werden“. Natürlich hilft es auch wenig, eine Krise zu verharmlosen. Was wir in der Krise brauchen ist eine Kommunikation bzw. eine Wortwahl, die Chancen und Möglichkeiten mit einfließen lässt. Wird nur die Gefahrenseite bespielt, kann die Angst immer lähmender werden. Werden dagegen in der Wortwahl Chancen und Möglichkeiten mit angedeutet, wird mehr Raum für die Suche nach Ideen und Lösungen geöffnet. Für die Krisenbewältigung brauchen wir nicht nur ein ausreichendes Maß an Handlungsfähigkeit, sondern auch das gewisse Quäntchen an Mut und Zutrauen. Worte habe eine enorme Wirkung genau darauf. Also bitte auf die Wortwahl achten!

„Ein Experte ist der, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat.“
(Winston Churchill)

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