Alte Muster – heute noch aktuell

Wer kennt sie nicht, die liebgewonnenen Gewohnheiten, die uns im Alltag begleiten: Zuerst Kaffee, dann Cornflakes, dann Milch auf den Frühstückstisch, die Zahnpastatube ausgedrückt oder aufgerollt, den Schluss des neuen Romans kurz überflogen bevor von Anfang an gelesen wird usw.

Wir handeln und denken sehr viel in alten Mustern. Und das ist auch gut so – wir müssen damit nicht mehr jeden Handschlag prüfen, ob der so richtig ist, sondern handeln zum größten Teil automatisch. Damit vereinfachen wir uns den Alltag und wir können uns damit recht gut in einer unüberschaubaren, komplexen Umwelt bewegen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten jeden Handschlag und jeden Schritt immer wieder aufs Neue überdenken und prüfen. Das wäre eine völlige Überforderung. Und anders herum: Überlegen Sie mal, wie schnell es geht, dass wir uns im Urlaub und in ungewohnter Umgebung ganz viele kleine und große Routinen aneignen.

Unsere Denk- und Verhaltensmuster können noch relativ „neu“ oder „nur mittelalt“ sein, also erst in der letzten Zeit oder in früherem Erwachsenenalter als Muster gelernt und aufgebaut. Unsere Denk- und Verhaltensmuster können aber auch „uralt“, das heißt in früher und sogar frühester Kindheit gelernt worden sein.

Viele dieser uralten Muster begleiten uns auch heute im Alltag und sind uns in der Regel nicht bewusst. Sie können sehr hilfreich sein oder auch sehr beeinträchtigend. Glaubenssätze wie „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ können uns unbewusst auch heute noch lenken. Denken wir aber konzentriert darüber nach, entdecken wir auch, wie viel Unsinn in dem Spruch steckt.

Sehr viel „ältere“ Muster sind auch heute noch fest in unserem Leben verankert: Zum Beispiel in der Art, welche Beziehungen wir eingehen, wie wir Kontakte knüpfen und pflegen, wie wir arbeiten und unsere Pflicht erfüllen, wie wir auf Schmerz reagieren, mit Autoritäten umgehen und Stress bewältigen usw.

Sind diese Muster hilfreich, dann werden wir sie nicht ohne Not ändern. Wir sind uns dieser Muster i.d.R. nicht bewusst. Erst wenn Änderung „droht“, dann „kämpfen“ wir darum, diese Muster beizubehalten.

Alte Muster haben neben dem Vorteil, die komplexe Umwelt zu vereinfachen und uns Sicherheit durch Gewohntes zu geben, auch einen riesigen Nachteil: Sie reduzieren unseren Denk- und Verhaltensspielraum. Sie blockieren uns damit auch, neue Erfahrungen zu machen. Veränderungen werden damit als „unsicher, sogar bedrohlich“ empfunden. Dabei ist unstrittig: Anders muss nicht schlechter heißen.

Gerade wenn wir uns in einer „bedrängten, unangenehmen“ Situation befinden, sollten wir uns hinterfragen, welche alten Muster uns gerade von förderlichen, ggf. neuen Verhaltensweisen abhalten. Wenn Fragen auftauchen, wie zum Beispiel:

  • „Warum kann ich meine Wünsche in der Beziehung nicht äußern?“
  • „Warum gerate ich im Job immer wieder in Überforderungssituationen?“,
  • „Warum bringt mich die eine oder andere Verhaltensweise oder der eine oder andere Spruch regelmäßig auf die Palme?“
  • „Warum habe ich so große Angst vor der nächsten Umstrukturierung/vor dem nächsten Jobwechsel?“

sollten wir versuchen, uns unserer alten Muster bewusst zu werden und sie kritisch zu prüfen. Im Übrigen können Sie „Musterunterbrechungen“ immer wieder mal im Alltag üben, um auch festzustellen, wie erfrischend das „anders“ sein kann:

  • Putzen Sie doch mal die Zähne mit der nicht-dominanten Hand
  • Fahren Sie mal einen andern Weg zur Arbeit
  • Nehmen Sie doch mal einen anderen Platz am Ess- oder Konferenztisch ein
  • Ändern Sie doch mal die eingefahrenen Begrüßungsformeln am Telefon
  • Usw.…
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