Cybermobbing – der digitale Pranger

„Mobbing“, also das systematische Schikanieren, Quälen und Herabsetzen eines anderen Menschen ist ein Phänomen, das seit einigen Jahren, gerade in der Schulund Arbeitswelt intensiver erörtert wird. Bekannt sind die verheerenden psychischen Auswirkungen auf die Opfer, die oft schwerwiegende psychische und soziale Probleme entwickeln. Der Begriff „Cybermobbing“ nun bezeichnet die Ausübung psychischer Gewalt im virtuellen Raum des Internets, wobei eben gerade die Form der digitalen Kommunikation dieses Geschehen noch um weitere Facetten erweitert.

Primär von Cybermobbing betroffen sind derzeit Jugendliche und junge Erwachsene, was sich einfach daraus ergibt, dass für diese Gruppe das Netz eine selbstverständliche und intensiv genutzte Kommunikationsebene darstellt. Gerade bei Schülern verschmilzt zudem die analoge Welt mit der digitalen Welt der sozialen Netzwerke – Konflikte auf dem Schulhof werden nachmittags im Netz weitergeführt und die Effekte von Netzattacken können am folgenden Tag direkt beobachtet werden. Nach Umfragen berichtet ca. ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, schon einmal Opfer von Cybermobbing geworden zu sein. Gleichwohl ist aber nicht davon auszugehen, dass nur Heranwachsende mit dieser Form der Gewalt konfrontiert werden. In dem Ausmaß, wie sich die Kommunikation für alle, auch im beruflichen Kontext, ins Netz verlagert, steigt auch für alle die Gefahr solcher Angriffe.

Es gibt dabei verschiedene Ausprägungen von Cybermobbing: einzelne verletzende Beleidigungen und Beschimpfungen, zielgerichtete, immer wiederkehrende Attacken, das gezielte Lancieren von Gerüchten, Anschwärzen, Bloßstellen durch Posten von (vermeintlichen) Beobachtungen, kompromittierenden Fotos oder Videos, das Nutzen einer fremden Identität, um in deren Namen negative/peinliche Äußerungen zu treffen, das Ausschließen einzelner auch Chat-Gruppen, anhaltende Belästigungen, auch sexueller Art oder auch die offene Androhung von Gewalt.

Folgende Faktoren geben dem Cybermobbing eine besondere Qualität:

  • Die Anzahl der Zuschauer ist unübersehbar groß und Inhalte können sich nicht nur rasend schnell verbreiten, bislang „vergisst“ das Netz auch nicht und ein Opfer muss damit rechnen, dass ein Angriff für immer öffentlich bleibt – umso größer ist die Bloßstellung, wie auch die Angst, dass etwas „hängenbleibt“.
  • Die Angreifer können leicht völlig anonym bleiben. Es erhöht den Kontrollverlust und die Hilflosigkeit, wenn ein Opfer noch nicht einmal weiß, wer ihm da böse mitspielen will und gezwungen ist, viele zu verdächtigen-
  • Die Anonymität und die „digitale Distanz“ und zu dem Opfer führt zu einer Enthemmung. Wenn bei „analogen“ Auseinandersetzungen eine angeborene Gewalthemmung dazu führt, dass durch direktes Erleben der Reaktion des Opfers eine gewisse Grenze nicht überschritten wird, entfallen diese Grenzen im Netz.
  • Angriffe sind rund um die Uhr möglich – der virtuelle Raum kennt keinen Feierabend und letztlich kann man immer, wenn man das Netz nutzt, Opfer werden. Opfer finden keine Verschnaufpause und müssen jederzeit damit rechnen, dass sich wieder ein Angriff ereignet hat.

Was treibt die Täter an?

Wie bei „normalem“ Mobbing sind hier verschiedene Faktoren möglich, die die Täter motivieren. Neben dem Erleben und der Demonstration von Macht, was der eigenen Selbstwertsteigerung dient, und dem Suchen nach Anerkennung, spielt die Entlastung von eigenen Angst- und Wutgefühlen eine Rolle. Auch führt das Ausgrenzen einzelner Personen in der Regel zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls einer Gruppe. Denkbar sind aber auch „banale“ Gründe, wie Langeweile oder auch nur ein abwegiger Humor – nicht immer erfolgt ein erlebter Angriff auch mit einer schädigenden Absicht. Zu bedenken ist: In der Tätergruppe findet sich ein nicht unerheblicher Anteil von Personen, die selber vorher Mobbingopfer geworden sind und jetzt in Umkehr „Rache“ nehmen möchten bzw. sich als Mobber davor „schützen“ wollen, erneut in die Opferrolle zu gelangen.

Opfer und Zuschauer

Grundsätzlich kann jeder Opfer von Cybermobbing werden. Manchmal stehen ungelöste Konflikte am Anfang, manchmal werden Menschen mit besonderen „Angriffsflächen“ (Aussehen, Herkunft, Talente etc.) als Opfer auserkoren, allzu häufig erfolgt die Rollenverteilung aber gänzlich zufällig. In ca. 80 Prozent der Fälle kennen sich die Opfer und die Täter persönlich.

Zu einem Mobbing-Prozess gehören aber nicht nur zwei: eine wichtige Rolle spielen Zuschauer und auch Verstärker des Täter und Schützer des Opfers. Ob nun analog oder digital: diesen kommt eine entscheidende Rolle zu, sowohl den Täter zu begrenzen, als das Opfer zu stützen. Auch im Netz bedeutet Zivilcourage, nicht passiv Dinge unkommentiert geschehen zu lassen.

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